In den zweieinhalb Jahrhunderten nach Herzog Albrecht V. scheinen keine ägyptischen oder ägyptisierenden Objekte für München erworben worden zu sein. Bislang geben die Archive jedenfalls keinerlei Hinweise auf solche Ankäufe. Dies ändert sich erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Seine erste Erwerbung 1815 war gleich auch eine seiner bedeutendsten: die lebensgroße Statue eines falkenköpfigen Gottes, bereits in der Antike nach Rom gekommen, dort 1635 schon entdeckt und zu einer Ikone der Ägyptenbegeisterung im 17. und 18. Jahrhundert geworden - das am häufigsten abgebildete altägyptische Denkmal jener Zeit. Der Ankauf der aus der Sammlung Barberini erworbenen Statue war von Martin von Wagner vermittelt worden.
Wenige Jahre später, 1821, hätte der Kronprinz Ludwig durch den Ankauf der Sammlung Drovetti, französischer Generalkonsul in Ägypten, München an die Spitze der ägyptischen Sammlungen bringen können - doch er zögert, und die Objekte gehen nach Turin. Allerdings wird er später doch noch einige überaus bedeutende Einzelstücke für die Glyptothek erwerben, darunter die Würfelstatue des Bekenchons, eine der wichtigsten Skulpturen der Ramessidenzeit
1820 wurden einige prachtvoll dekorierte Särge der Dritten Zwischenzeit, Mumien und kleinere Aegyptiaca aus der Sammlung Sieber angekauft. Nach langwierigen Verhandlungen konnte schließlich 1825 auch die Sammlung des Hauptmanns Ferdinand Michel erworben werden, die dieser selbst in Ägypten zusammengetragen hatte. Sie bestand aus 17 Stelen des Mittleren und Neuen Reiches, bis heute eine wichtige Objektgruppe des Museums.
Sämtliche Aegyptiaca der Akademie waren in das Antiquarium in der Residenz überstellt worden, wie aus dessen vollständigem Verzeichnis aus dem Jahr 1845 hervorgeht. Lediglich einige der großformatigen Stelen waren schon Ende der 20er Jahre in die 1830 eröffnete Glyptothek überführt worden.
Neben den in Antiquarium und Glyptothek ausgestellten ägyptischen Denkmälern gab es jedoch noch eine weitere Gruppe, die für den “Ägyptischen Saal” der 1844 im Galeriegebäude am Hofgarten eröffneten „Vereinigten Sammlungen König Ludwigs I.“ bestimmt waren. Dazu gehörte das berühmteste Glasgefäß aus Ägypten, ein Kelch mit dem Namen Thutmosis’ III., aus der Sammlung Dodwell.
Richard Lepsius, der Begründer der deutschen Ägyptologie, sieht den verbleibenden Teil des Goldschmuckes 1842 in London, wo er sich zur Vorbereitung seiner berühmten Ägypten-Expedition zu Studienzwecken aufhielt. Als er dann zwei Jahre später selbst in Meroe steht und die Informationen von Ferlini bestätigt findet, wird er aus dem Sudan eine Depesche nach Berlin schicken und seinem König Friedrich Wilhelm IV. dringend den Ankauf der verbliebenen Partie des Schmuckes empfehlen - was dieser befolgt. So erfolgt nachträglich aus Preussen die wissenschafliche Bestätigung für die Richtigkeit der Entscheidung des bayerischen Königs...
Freiherr von Bissing hat als Archäologe nicht nur seine eigenen Grabungen in Ägypten finanziert, sondern auch andere Unternehmungen finanziell unterstützt. Nach den damals gültigen Bestimmungen der Altertümerverwaltung stand ihm daher ein Teil der Fundstücke zu. Bereits zu Lebzeiten hat von Bissing großzügige Schenkungen für den “Aegyptischen Saal” der Glyptothek gemacht, darunter zahlreiche Reliefs des Alten Reiches, die bislang in den Beständen noch nicht vertreten waren. Daneben bewies er eine glückliche Hand bei Ankäufen, und schließlich konnte in den 50er Jahren noch eine ganze Reihe qualitätvoller Objekte aus seiner Privatsammlung erworben werden.
Für das Ägyptische Museum von großer Bedeutung ist die Förderung durch seinen Freundeskreis des Ägyptischen Museums München e.V., der seit seiner Gründung 1976 immer wieder bedeutende Objekte erworben hat. Dabei hat sich der Freundeskreis der Erwerbungsphilosophie des Museums, aufbauend auf dem Grundsatz Ludwigs I. angeschlossen: die Konzentration auf wenige, aber hochkarätige Objekte, die sich dem Konzept einer Sammlung ägyptischer Kunst einfügen.